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Zahnärztliche Versorgung in Sachsen-Anhalt – Lücken, die schmerzen
Die Zahl der Zahnarztpraxen in Sachsen-Anhalt ist im Jahr 2024 erneut deutlich zurückgegangen. Auf der heutigen Pressekonferenz der Heilberufe Sachsen-Anhalts berichtete der Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KZV Sachsen-Anhalt), Dr. Jochen Schmidt, von massiven Einschränkungen in der zahnärztlichen Versorgung und forderte von der Landesregierung umgehendes Handeln.
In Sachsen-Anhalt ist die Zahl der Zahnarztpraxen weiterhin rückläufig: Laut aktuellen Zahlen der KZV schlossen im Jahr 2024 landesweit 36 Zahnarztpraxen ohne Nachfolge. Über die letzten fünf Jahre hinweg ging die Zahl der hiesigen Praxen um 200 zurück. Hauptgrund hierfür ist der altersbedingte Wechsel vieler Zahnärzte in den Ruhestand. Gleichzeitig fehlt es an Nachwuchs, der bereit ist, in Sachsen-Anhalt zu praktizieren. Für das Jahr 2025 rechnet die KZV mit weiteren 70 Zahnärzten, die aus der Versorgung ausscheiden. Und auch für die nachfolgenden Jahre sieht es düster aus: Laut KZV wird die Zahnarztdichte im Land bis zum Jahr 2030 weiter kontinuierlich ausdünnen.
„Über viele Jahre hinweg war der Besuch bei einer nahe gelegenen Zahnarztpraxis eine Selbstverständlichkeit“, so Dr. Jochen Schmidt, Vorsitzender der KZV Sachsen-Anhalt und Zahnarzt in Dessau-Roßlau. „Ob es um Schmerzbehandlungen oder Vorsorgeuntersuchungen ging – der Hauszahnarzt war selbst in abgelegenen Regionen immer zur Stelle. Doch diese Zeiten gehören der Vergangenheit an. Heute geht es darum, überhaupt noch einen Termin zu bekommen.“
Wartezimmer überfüllt, Personal unter Druck
Die Versorgungslage verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Immer mehr Menschen können nicht mehr regelmäßig einen Zahnarzt aufsuchen oder müssen dafür weite Wege in Kauf nehmen. Gleichzeitig ist die Zahl der Schmerzpatienten in den letzten zwei Jahren erheblich gestiegen, was die reguläre Betreuung der Patienten mit Termin massiv beeinträchtigt. „Unsere Wartezimmer platzen aus allen Nähten. Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten bis zur Erschöpfung, doch der Druck durch den stetig wachsenden Patientenzustrom wird immer größer“, berichtet Schmidt. Hinzu kommt der Ärger vieler Patienten über den Mangel, welcher sich paradoxerweise oft an diejenigen richtet, die die Versorgung aufrechterhalten: „Beschimpfungen, Drohungen und sogar körperliche Übergriffe auf das Praxispersonal sind mittlerweile keine Seltenheit mehr“, so Schmidt.
KZV fordert Maßnahmen zur Nachwuchsförderung
Um die Versorgung langfristig zu sichern, fordert die KZV Sachsen-Anhalt die Landesregierung zum Handeln auf. „Seit Jahren haben wir die Politik unüberhörbar vor dieser Entwicklung gewarnt. Doch bis heute wurden keine Maßnahmen ergriffen“, kritisiert Schmidt. Um junge Zahnärztinnen und Zahnärzte nach Sachsen-Anhalt zu holen und langfristig zu binden, seien effektive Maßnahmen wie die Einführung einer Landzahnarztquote und landeseigene Stipendienprogramme notwendig. „Wir Zahnärzte können keine Studienplätze herzaubern. Diese Entscheidung hätte die Politik bereits vor Jahren treffen müssen. Heute stehen wir nicht mehr vor einer drohenden Katastrophe – die Katastrophe ist längst eingetreten.“
Mit Auslandsstipendien gegen den Zahnärztemangel
Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt begegnet dem Nachwuchsmangel mit verschiedenen Förderprogrammen sowie Kooperationen mit Landkreisen und Kommunen. Bundesweit ist sie die erste und bislang einzige KZV, die ein Stipendium für ein Zahnmedizinstudium im Ausland anbietet. Jedes Jahr unterstützt sie zwölf Studieninteressierte, die in der ungarischen Stadt Pécs Zahnmedizin studieren möchten – auch ohne ein perfektes Abitur. Das Studium wird in deutscher Sprache absolviert und dauert zehn Semester. Der Abschluss ist in Deutschland uneingeschränkt anerkannt. Im Gegenzug verpflichten sich die Stipendiatinnen und Stipendiaten, nach ihrem Studium für fünf Jahre als Zahnärztin oder Zahnarzt in Sachsen-Anhalt tätig zu sein. Die Landesregierung hatte im vergangenen Jahr angekündigt, das Förderprogramm der KZV auszuweiten und dafür die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Bislang blieb es jedoch bei dieser Ankündigung.
Die vollständige Pressemitteilung mit Zahlen zur Versorung als Anhang als Download: